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Die Sache mit der Bad Bank
Die Sache mit der Bad Bank
Auch wenn die Banken und die Regierungen mit der ganzen Finanzkrise viel Mist gemacht haben, kommen sie doch manchmal auf ganz tolle Ideen. Eine solche ist die mit den Bad Banks. Da wird einfach alles abgeladen, was nur Verluste und Pleiten bringen könnte.
Ich fand die Idee super. Warum sollte man sich nicht einen solchen Einfall auch für die eigene Finanzmisere und sonstige lästige Dinge zunutze machen. So machte ich mich daran, für mich in die Tat umzusetzen, wozu die da oben mal wieder ewig brauchten. Mein erster Weg führte mich zum Flohmarkt, wo ich eine schrottige Gartenbank erstand. Schließlich stand nirgendwo geschrieben, dass so eine Bad Bank schön sein sollte. Die sollte doch richtig bad sein. Ich quetschte also das Ding in den Kofferraum von meinem rostigen Auto, wobei die letzten Reste weißer Farbe von der Bank abblätterten. Meine Bad Bank landete auf dem zugigen Balkon. Sitzen kann ich da ohnehin nicht, weil unten eine Hauptverkehrsstraße ist, und zweitens pfeift auf dem Balkon auch bei absoluter Windstille der Wind.
Dann machte ich mich daran, meine Wohnung umzugraben. Ich trug alles zusammen, was mir lästig war und mir zukünftig nichts als Ärger bringen würde. Also unbezahlte Rechnungen, Mahnungen, die Drohbriefe der Inkasso-Büros, die dämlichen Schreiben von meinem Hausbesitzer und die albernen Abos und Bestellungen, die ich sowieso nie bezahlen kann. Damit auch all das Papier dort schön liegen blieb und nicht etwa die Bad Bank verließ und in den öffentlichen Kreislauf geweht wurde, beschwerte ich die Sammlung mit diversen schadhaften Kleidungsstücken und defekten Elektrogeräten.
Dann rückte ich einen Stuhl vor die offene Balkontür, öffnete eine Flasche Bier und betrachtete genüsslich und erleichtert meine Bad Bank. In den folgenden Nächten schlief ich nach langer Zeit endlich wieder sorgenfrei und fest in den späten Morgen hinein.
Meine Idee mit der ganz persönlichen Bad Bank schienen einige Leute ganz toll zu finden. Jedenfalls wurde ich in der Folgezeit nur so mit Schreiben für meine Bad Bank bombardiert. Immer neue Inkasso-Firmen wollten unbedingt dort verewigt werden, das Job-Center schickte mir Aufforderungen zum Vorstellen bei völlig indiskutablen Tätigkeiten, der Stromanbieter drohte mir mit der Verdunklung meiner Wohnung. Sogar ein Gerichtsvollzieher wollte mit seinem Brief in den Stapeln meiner Bad Bank landen.
Ich malte mir bereits glücklich aus, wie ich mein altes Auto zwecks Prämienkasse verschrotten und mir einen kleinen neuen Flitzer anschaffen würde, dessen Kaufvertrag und anfallende Rechnungen ich ebenfalls der Bad Bank anvertrauen konnte. Ein rundum sorgenfreies Leben schien sich vor mir aufzutun.
So war ich auch fröhlich und guter Dinge, als ich auf heftiges Klingeln meine Tür öffnete. Vor der Tür stand ein freundlicher kleiner Mann mit Glatze, der sich als Gerichtsvollzieher vorstellte. Ich ließ ihn ein. Der Mann war aber total uneinsichtig und begriffsstutzig. Er war in keiner Weise zu überzeugen, dass ich praktisch schuldenfrei sei, weil ich meine eigene Bad Bank eröffnet hatte. Nun war es an dem Tag gerade besonders stürmisch, sodass die Gegenstände auf der Bank kaum ausreichten, die riesigen Papierstapel zu beschweren.
Ich zog dem Gerichtsvollzieher eins über den Kopf und packte ihn auch auf die Bad Bank. Schließlich gehörte auch er zu den unangenehmen Dingen, die meinem sorgenfreien Leben im Weg standen. Abends kam er wieder zu sich, und da der Sturm nachgelassen hatte, ließ ich ihn laufen.
Leider habe ich es nicht geschafft, die Polizisten, die kurz darauf vor meiner Tür standen, auch auf die Bank zu befördern. Jetzt warte ich auf meinen Prozess. Und alles nur, weil ich die guten Ideen der Banken und Politiker ernst genommen habe.